Die brasilianischen Banco Safra wurde in den 1950er Jahren gegründet. (Bild: Imago)

Die brasilianischen Banco Safra wurde in den 1950er Jahren gegründet. (Bild: Imago)

Bruderzwist beim brasilianischen Banco Safra

Joseph Safra, einer der wohlhabendsten Banker weltweit, hat sich vor einigen Jahren aus dem aktiven Geschäft in Brasilien zurückgezogen. Nun kommt es zum Zerwürfnis zwischen seinen Söhnen über die Strategie der Bank. Im verschwiegenen Unternehmen wiederholt sich damit die Geschichte.

Alexander Busch
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Im Bankhaus Safra herrscht dicke Luft: Alberto Safra gibt ab sofort seinen Sitz im Verwaltungsrat des brasilianischen Banco Safra ab. Der 40-jährige Banker aus der dritten Generation der libanesisch-brasilianischen Bank war seit 2012 für das Firmenkundengeschäft zuständig. Mit ihm geht auch der langjährige Präsident der Bank Rossano Maranhão. Offiziell will sich Alberto Safra einem eigenen Projekt am Finanzmarkt zuwenden. Zum Abgang haben jedoch Differenzen über die Unternehmensstrategie mit seinem jüngeren Bruder David (35) geführt, der für das Privatkundengeschäft zuständig ist.

Schritt ins digitale Zeitalter

Seit einiger Zeit arbeitet das Finanzhaus daran, den Sprung ins Retail-Banking, also das Privatkundengeschäft, zu machen – ohne dass es dafür jedoch Filialen eröffnen würde. Das nach Aktiven viertgrösste private Finanzhaus Brasiliens nutzt dafür sein eigenes Kreditkartenzahlungsgerät Safra-Pay, um Kreditkartenbenutzer via Discounts bei Käufen auf sein neues digitales Kontosystem (Safra-Wallet) zu locken. In einem der höchst seltenen Interviews erklärte Alberto der brasilianischen Wirtschaftszeitung «Valor Econômico» vor einem Monat, dass der Banco Safra dasjenige Finanzhaus in Brasilien sei, das am besten für den Wandel zum digitalen Anbieter vorbereitet sei. Das Unternehmen verfüge über das Kapital, die Einlagen und die Produkte für die neuen digitalen Kunden. Dies im Unterschied zu den Fintechs, also den Digitalbanken, die gerade ihre Angebotspalette vergrössern, um für Kunden attraktiv zu bleiben. Gleichzeitig müsse Safra nicht teure Filialen schliessen wie die grossen Retail-Banken Brasiliens, etwa Itaú und Bradesco.

Doch Alberto Safra hat nicht damit gerechnet, dass bankintern entschieden wird, den digitalen Wandel und damit den Schritt ins Retail-Geschäft in die Zuständigkeit seines Bruders David zu übertragen. Man werde keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit waschen, erklärte Alberto Safra im Interview. Von seinem Abgang war allerdings noch nicht die Rede gewesen. Doch das brasilianische Nachrichtenmagazin «Veja» berichtet, dass die beiden Brüder vor versammelter Mannschaft fast handgreiflich geworden seien.

Verbindungen in die Schweiz

Joseph Safra ist laut der Einschätzung von Forbes der reichste Mann Brasiliens. (Bild: AP)

Joseph Safra ist laut der Einschätzung von Forbes der reichste Mann Brasiliens. (Bild: AP)

Der Bruderzwist lässt sich damit erklären, dass sich der Patron, der 81-jährige Bankier Joseph Safra, krankheitsbedingt aus dem aktiven Bankgeschäft in die Schweiz zurückgezogen hat. Er übt offiziell aber immer noch die Kontrolle über seine Firma aus, die er zu einem globalen Institut ausgebaut hat. Forbes schätzt ihn mit einem Vermögen von 25 Mrd. $ als wohlhabendsten Brasilianer und reichsten Banker weltweit ein. Lange Zeit gab er die Arbeitsteilung zwischen seinen drei Söhnen klar vor: Jakob (45), der Älteste, ist seit Jahren für das internationale Geschäft zuständig; dies gilt vor allem seit der Übernahme des Basler Vermögensverwalters Sarasin im Jahr 2011. Die beiden jüngeren Brüder konzentrierten sich auf die Geschäfte in Brasilien. Die Tochter Esther leitet die von den Safras in São Paulo gegründete Privatschule Beit Yaakov und die gleichnamige Synagoge. Deren Bau hat die Familie finanziert, und sie unterstützt den Betrieb bis heute. Die Schule geniesst zudem einen stetig wachsenden Einfluss in São Paulos jüdischer Gemeinschaft.

Joseph Safra ist in Brasilien eine Legende: Mit seinem Vater Jacob und zwei Brüdern hatte der in Beirut geborene Bankier in den 1950er Jahren den Banco Safra in Brasilien gegründet. Die Wurzeln des Instituts reichen bis zum Beginn des vergangenen Jahrhunderts und nach Aleppo in Syrien. Während sich Joseph und sein Bruder Moise vor allem um die brasilianischen Aktivitäten kümmerten, baute Edmond, der Älteste, in Europa und in den USA ein weltweites Bankenimperium auf. 1999 verkaufte Edmond Safra sowohl die in Luxemburg ansässige Safra Republic Holding sowie die Republic National Bank of New York für 10,3 Mrd. $ an die HSBC, die damit via die Schweizer Privatbanken in der Republic Holding auch die grösste Auslandsbank der Schweiz wurde. Die HSBC kam das jedoch teuer zu stehen: 2016 musste sie 3,2 Mrd. $ abschreiben, unter anderem wegen zweifelhafter Konten bei den übernommenen Safra-Instituten. Ob Edmond Safra etwas von den angeblichen Konten von Waffenhändlern, Geldwäschern und Terroristen wusste, lässt sich nicht mehr feststellen. Der älteste Bruder der zweiten Safra-Generation kam vor zwanzig Jahren kurz nach dem Verkauf an die HSBC bei einem gewaltsamen und bis heute nicht wirklich aufgeklärten Vorfall in seiner Villa in Monte Carlo ums Leben. Er erstickte bei einem von seinem Leibwächter gelegten Zimmerbrand.

Im Visier der Bundesanwaltschaft

Einen Neuanfang in der Schweiz machte Joseph Safra danach im Jahr 2000 mit der Übernahme der Zürcher Uto-Bank. 2011 schliesslich kaufte er Sarasin in Basel und benannte sie um in J. Safra Sarasin. Zuletzt geriet J. Safra Sarasin vergangene Woche in die Schlagzeilen. Die schweizerische Bundesanwaltschaft gab bekannt, dass sie im Rahmen der Untersuchung zum Korruptions- und Geldwäschereiskandal um die beiden brasilianischen Konzerne Petrobras und Odebrecht auch gegen den Vermögensverwalter ermittle.

Joseph Safra gelang es, nach Edmonds Tod von Brasilien aus die Safra-Gruppe unter seine Kontrolle zu bringen. Er konnte sich mit der Witwe Edmonds einigen, die selbst als Erbin einer Supermarktkette die reichste Frau Brasiliens ist. Er zahlte 2006 zudem seinen inzwischen verstorbenen Bruder Moise aus – ebenfalls nach einem langanhaltenden Streit. Es scheint, als ob sich bei den Safras die Geschichte wiederholt.